Frau Dr. Gisela Delventhal ist am 05.02.2019 friedlich verstorben.

übermäßiges Schwitzen/HyperhidrosisDie normale Schweißproduktion des Körpers ist zur Wärmeregulation lebenswichtig. Ist die Schweißsekretion über das zur Thermoregulation notwendige Maß hinaus gesteigert, kann sie Krankheitswert erreichen und zu einem erheblichen Leidensdruck führen.

Wenn die Kleidung unter den Achseln ständig durchgeschwitzt ist und dies zu sichtbaren Rändern führt, fühlen sich die Betroffenen verunsichert, und die dadurch ausgelösten Komplexe beeinträchtigen das gesamte Verhalten, ganz abgesehen von den erhöhten Reinigungskosten, die damit verbunden sind. Die stärkste Beeinträchtigung entsteht durch schwitzige Hände, so dass viele Betroffene gar nicht mehr die Hand zur Begrüßung schütteln mögen. Komplett ist die Verunsicherung, wenn die begrüßte Person hinterher unauffällig versucht, sich die Hände trocken zu reiben. Es handelt sich hier also bei Weitem nicht nur um ein kosmetisches Problem. Eine ständig stark durchfeuchtete Haut kann außerdem das Wachstum von Pilzen und Viren (z.B. bei Warzen) begünstigen.
Es gibt eine primäre, z.T. erbliche Veranlagung zum Schwitzen, und es gibt übermäßiges Schwitzen als Symptom einer Krankheit, wie z.B. Tuberkulose, Schilddrüsenüberfunktion, hormonelle Störungen, Unterzuckerung u.a. Es ist auch ein typisches Symptom in den Wechseljahren.

Verschiedene Testmethoden sind möglich, das Schwitzen zu objektivieren. Für mich ist hauptsächlich der Leidensdruck der Betroffenen für die Einleitung einer Therapie entscheidend, und der ist nicht messbar.
Liegt dem Geschehen eine auslösende Krankheit zugrunde, muss natürlich diese behandelt werden.
Allgemeine Maßnahmen umfassen neben dem Tragen luftdurchlässiger Kleidung und geeigneten Schuhwerks, bei Fettleibigkeit eine Gewichtsreduktion sowie Vermeidung oder Einschränkung von scharfen Gewürzen, Kaffee und Nikotin.

Zur örtlichen Behandlung haben sich Lösungen oder Sprays, die Aluminiumchloridhexahydrat enthalten, bewährt. Sie sind in verschiedenen Konzentrationen, die sich nach der Region richten, in der die Anwendung erfolgen soll, erhältlich. Anfangs wird täglich vor dem schlafen gehen behandelt, später reicht meistens eine ein- bis zweimalige Anwendung pro Woche aus. Auf Dauer kann damit eine Rückbildung der Schweißdrüsen erreicht werden, so dass auf eine weitere Behandlung verzichtet werden kann. Wenn es zu Hautirritationen kommt, muss pausiert werden und eventuell auf ein Mittel mit niedrigerer Konzentration gewechselt werden.

  • Aluminiumverbindungen sind in der letzten Zeit zunehmend in die Diskussion gekommen, weil sie angeblich Brustkrebs auslösen oder begünstigen könnten, endgültig bewiesen ist es nicht.
  • Die Iontophorese ist ein Verfahren zur Schweißreduktion, bei dem die Hände oder Füße in zwei Wannen mit Leitungswasser gelegt werden, in denen ein Gleichstrom fließt. Die Anwendung ist zeitaufwändig, und der Erfolg wird sehr unterschiedlich bewertet.

  • Durch zahlreiche kleine Injektionen mit stark verdünntem Botulinumtoxin kann ebenfalls eine Verminderung der Schweißproduktion für ca. ein halbes Jahr erreicht werden. Zugelassen ist diese Behandlung nur für die Achselhöhlen. Es empfiehlt sich, vor der Therapie eine Kostenübernahme mit der Krankenversicherung zu klären.

  • Eine völlig neue Methode, die angeblich erfolgreich sein soll, ist die Radiofrequenz-Thermotherapie (RFTT) in Kombination mit Microneedling. Dabei wird mit flächig angeordneten feinsten Nadeln bis zu der Tiefe, in der die Schweißdrüsen sitzen, eingestochen und dann ein Radiofrequenzstrom zugeschaltet. Durch die dabei entstehende Hitze sollen die Schweißdrüsen zerstört werden. Die Behandlung wird in örtlicher Betäubung durchgeführt und dauert zwischen 20 und 40 Minuten. Die Dauer der anschließenden Heilungsphase wird mit 2 bis 14 Tagen angegeben. Diese Methode wurde bisher nur bei einer sehr kleinen Patientengruppe angewendet, so dass ich rate Studien an einem größeren Patientenkollektiv und die Langzeitergebnisse abzuwarten.
  • Salbei und Fenchel sollen ebenfalls helfen – Wirksamkeitsstudien darüber liegen allerdings nicht vor.

  • Zwei Wirkstoffe (Methantheliumbromid und Bornaprin) sind in Tablettenform auf dem Markt. Der Erfolg wird sehr unterschiedlich beurteilt, Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen sind häufig.

  • Die chirurgische Entfernung der Schweißdrüsen wird heute wegen häufiger Wundheilungsstörungen und hässlicher Narbenbildung nicht mehr durchgeführt.

  • Weitere Verfahren sind Thermolyse (Zerstörung der Schweißdrüsen durch Hitze) durch Mikrowellenanwendung und Mikroneedling in Kombination mit Radiofrequenz. Beides sind neue Verfahren, die in örtlicher Betäubung durchgeführt werden und zu einem dauerhaften Erfolg führen sollen. Da es sich um neue Verfahren handelt, liegen naturgemäß noch keine Langzeitergebnisse vor.
  • Bei der Schweißdrüsensaugkürretage werden die Schweißdrüsen durch einen kleinen Schnitt abgesaugt. Allerdings gelingt das nicht immer vollständig und auch nicht immer dauerhaft. Eine neue Variante dieser Methode ist, vor der Kürretage, die Strukturen der Fettzellen mit einem Diodenlaser der Wellenlänge 924 nm zu zerstören und dadurch besser absaugfähig zu machen.

  • Die Radiofrequenz Thermotherapie (RFTT) in Kombination mit Mikroneedling soll ebenfalls zu guten Ergebnissen führen. Dabei wird in örtlicher Betäubung ein Hautstück mit 25 vergoldeten Mikronadeln abschnittsweise über das betreffende Hautareal geführt. Wenn die Nadeln in die Haut eingedrungen sind, wird ein kurzer Radiofrequenzimpuls ausgelöst und durch die dabei entstehende Hitze die Schweißdrüsen zerstört.
  • Wenn alle Behandlungsversuche nicht den gewünschten Erfolg bringen und ein hoher Leidensdruck besteht, kann die endoskopische transthorakale Sympathektomie zu einem oft spektakulären Erfolg führen. Bei diesem relativ kleinen operativen Eingriff werden Nervenverbindungen im zuständigen Wirbelsäulenbereich mit Hochfrequenzstrom zerstört, oder mit Clips abgeklemmt, so dass der Eingriff auch rückgängig gemacht werden kann. Da es auch dabei zu Komplikationen kommen kann, muss die Indikation streng gestellt werden.